Sonntag, 22. November 2015

"Gute Frage!"

Jemand, der viel weiß, hat kein Problem zuzugeben, dass er etwas bestimmtes nicht weiß - meist sagt er dann "gute Frage". Jemand, der nichts weiß, ist dagegen stets und um jeden Preis bemüht sein Nicht-Wissen zu kaschieren. Er verbraucht dafür mehr Energie, als nötig wäre seine Unwissenheit zu beheben.
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Und dann gibt es noch den Irrtum, dass alles erkennbar sei und in Wissen überführt werden könne. Der Glaube, die Wissenschaft könnte alles, was es gibt, auch erkennen. Zum Irrglauben, man müsse nur fragen, um die nötigen Antworten zu erhalten. Zur Fehlannahme, alles was an Information fehle, liege bereits als "4. Nachdruck" vor, archiviert in irgendeinem Regal, in irgendeiner Bibliothek und sei bereits in 10 Sprachen übersetzt. Man müsse nur fragen. Die Romantik als Epoche ist als Antwort entstanden auf diese Entzauberung der Welt durch die Wissenschaft.
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Erschreckend, wie bei den meisten Menschen auf bestimmte Stichworte hin, immer wieder dasselbe geistige Programm aktiviert wird: Anstatt diese sich abzeichnende Gedankenkette wie eine beginnende Migräne zu coupieren, lassen sie sich auf sie ein und plappern dann ein Leben lang das Gleiche vor sich hin. Ich gebe zu, dass ich mich selber manchmal dabei erwische: Allzuschnell und unbewusst nimmt man einen Gedankenstrang auf, der einen Minuten später - wenn man in dieser Hinsicht sensibilisiert ist - beschämt zurücklässt. Wenn man also nicht aufpasst, verbüßt man eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis eines beschränkten Bewusstseins.